Oliver Drechsel konzertiert in Haus Eller

Hammerflügel

Tafelklaviere

Kielinstrumente

Pianos

Sammlung Dohr
Pianomuseum Haus Eller
Historische Tasteninstrumente

Fortepianos

Square Pianos

Harpsichords

Pianos

© 1998-2024 by
Christoph Dohr

aktualisiert
Montag, 08.01.2024 8:58

I023

1931 | Konzertcembalo Maendler-Schramm #251 (München)

Konzertcembalo Maendler-Schramm

Konzertcembalo Maendler-Schramm

Konzertcembalo Maendler-Schramm

Konzertcembalo Maendler-Schramm

Die Fotos zeigen das Instrument vor der Restaurierung, im Augenblick des Erwerbs (Januar 2003).

  • Name in Versalien auf Vorsatzbrett: "Maendler-Schramm, München."; Seriennummer vorne rechts an Korpusinnenwand: 251
  • Korpus in Klavierbauer-Konstruktion nach Vorbild des Pleyel-Cembalo-Modells "Landowska":
  • Länge: 2450 mm
  • Breite: 1130 mm
  • Korpushöhe (inkl. Deckel): 327 mm
  • Gesamthöhe 1015 mm
  • zwei benachbart montierte Deckelstützen (flach/hoch)
  • zwei Manuale in Klavierbau-Mensur, Registerschaltung in Anlehnung an den Orgelbau
  • unteres Manual: 16', 4', 8'(1)
  • oberes Manual: 8'(2) mit Nasalcharakter, Laute auf 8'(2)
  • Koppel II/I
  • Umfang: F1 - f3 = fünf Oktaven (61 Tasten)
  • Untertasten: 136 mm sichtbare Länge, Belag: Bakelit
  • Obertasten: 78 mm Länge, Belag: Elfenbein auf Ebenholz
  • Stichmaß: 498 mm
  • sechs Pedale (von links): 16', 4', 8'(1), Koppel, Laute 8'(2), 8'(2)
  • Pedal-Schaltrichtung ("ein" = ...): oben, oben, oben, unten, unten, oben
  • drei runde, konische Beine mit Messing-Rollen.

Beschreibung: Das zweimanualige Konzertcembalo in Rastenbauweise lehnt sich an die zu seiner Zeit beliebte sog. "Bach-Disposition" [16', 8' + 8', 4'] an, übernimmt aber die historisch verbürgte Disposition [16', 8', 4' + 8'] mit einem Lautenzug und einer Manualkoppel, sämtliche über Pedale schaltbar; es besitzt in der Nachahmung der ihm vorausgehenden Pleyel-Cembali einen dem Hammerflügelbau entlehnten gusseisernen Rahmen ohne Spreizen, eine Gliederdämpfung und umsponnene Saiten (gesamtes 16'- sowie Bass beider 8'-Register). Restaurierung (2006) durch die Werkstatt für historische Tasteninstrumente J. C. Neupert in Bamberg.

Dämpfung: Die Saiten für die beiden 8'-Register liegen auf der unteren Ebene, die Besaitung des 16'- Registers (links) und des 4'-Registers auf der oberen Ebene. Die beiden 8'-Register haben die historische Fähnchen-Dämpfung am Springer. Die beiden anderen Register haben Glieder-Oberdämpfung, diese wiederum doppelt ausgeführt (zwei Dämpfer pro Saitenpaar). Damit das Spielgewicht sich zwischen den 8'-Registern und den beiden weiteren Registern nicht deutlich unterscheidet, heben alle Springer die Glieder-Oberdämpfer ab. Das bedeutet, dass bei Anschlag einer Taste stets auch die entsprechenden Saiten der [nicht angeschlagenen] 16'- und 4'- Register mitschwingen. Besonderheit: Bei Springern mit historischer Fähncheneinzeldämpfung an jedem Springer bewirkt dieser Dämpfer, dass der Springer bei der Entnahme der Klaviatur in Position hängenbleibt. Die 16'- und 4'-Springer des Cembalos Maendler-Schramm haben allerdings keine Fähnendämpfer und würden nach Entnahme der Klaviatur ins Instrument fallen. Um dies zu verhindern, hat Schramm jedem einzelnen Springer dieser beiden Register befilzte Hölzchen angeklebt, die im Ruhezustand auf dem Springerrechen aufsitzen.

Cembali der Marke "Maendler-Schramm" wurden mit leichten Modifikationen von etwa 1907 bzw. 1912 (zwei Prototypen, die sich lt. Focht [siehe Literatur] lange Zeit nicht verkaufen ließen), dann verstärkt von den frühen 1920er-Jahren fast bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs (Totalschaden im Bombenkrieg), dann schließlich nochmals in kleinerem Umfang in der unmittelbaren Nachkriegszeit (vielleicht bis ca. 1956) gebaut; sie stellen keine Kopien von historischen, barocken Instrumenten dar, sondern verkörpern eine die Erfahrungen des Klavierbaus einbeziehende Adaption des "Cembalo-Typs"; konkret kopieren diese Cembali das von der Pianistin und Cembalistin Wanda Landowsky in Zusammenarbeit mit Pleyel/Paris entworfene Instrument: Wunsch von Interpreten wie Instrumentenbauern zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die "Modernisierung" des "alten" Cembalos. Eine besondere Form von "Nostalgie" spielte ebenfalls eine Rolle.

Insbesondere die Cembali von Maendler-Schramm schienen Ende der 1920er-Jahre und zu Anfang der 1930er-Jahre einen alle anderen deutschen Hersteller überragenden Ruf zu haben. Karl Maendler wurde sogar außergewöhnlich schnell in die Neuauflagen der führenden Musiklexika (Riemann [Zitat s.u.], Frank/Altmann) aufgenommen. Carl Orff schreibt in seinem "Schulwerk" im Jahre 1976 (zitiert nach Focht S. 174, siehe Literatur: "Ich wandte mich [1928] mit meinem Anliegen an meinen Freund Karl Maendler, den einfallsreichen Wiederbeleber des Cembalobaues und genialen Neukonstrukteur großer Konzertcembali, die damaliger Aufführungspraxis in großer Besetzung und großen Sälen entsprachen. Neben Pleyel und Erard ist sein Name aus der Geschichte des Cembalobaues nicht wegzudenken."

Das Fundament gebende 16-Fuß-Register, ein Gussrahmen, Lederbekielung, große Klaviermanualmensuren, große Wirbel, umsponnene Basssaiten, die flügelmäßige, nach unten offene Rastenbauweise, eine dem englischen Tafelklavierbau entlehnte Gliederdämpfung für die oben liegenden 8'- und 16'-Register und eine dem Orgelbau entlehnte Pedalschaltung für die Register sind einige besondere Merkmale dieses wuchtigen, in Eiche gearbeiteten Instrumentes. "Modern" wirkt(e) etwa die Kombination [neudeutsch: "Material-Mix"] von schwarzem Plastik (Bakelit?) auf den Untertasten mit Elfenbein als Obertastenbelag.

Ein Patent (DRP Nr. 39 39 67) besaß Karl Maendler für ein kompliziertes System von drei Federn an jedem Holzspringer, die den Ton besonders wandlungs- und modulationsfähig machen sollten. Ein weiteres Patent (DRP Nr. 39 49 89) besaß er für die "Schränkung" des 4'-Bezugs auf dem Resonanzboden, wodurch er den Anhang vom Resonanzboden weg an die Korpus-Wand verlegen konnte.

"Maendler, Karl, Klavierbauer und Inhaber des Pianohauses M. J. Schramm in München, * 22. März 1872 in München. Seit 1907 baut er Cembali und Clavichords; er ist Erfinder des sog. Bachklavieres, d. h. eines Cembalos mit durch Anschlag modulationsfähigem Ton, das 1923 zum ersten Male öffentlich vorgeführt wurde. Die verschiedenen Anschlagsstärken werden in der Weise erzielt, daß bei schwachem Anschlag der Reißer die Saite nur mit der Spitze faßt, während bei stärkerem Anschlag die Docke entsprechend der Anschlagskraft näher an die Saite geworfen wird, wodurch die vom Reißer mehr oder weniger zum Anriß untergriffen wird. In der Disposition hält sich auch das Bachklavier an die gebräuchlichsten alten Typen mit 4 Saiten für jede Taste, und zwar ein 4', zwei 8', ein 16'; zwei Manuale durch Koppel verbindbar, Lautenzug, Pianozug für das Obermanual und abhebbare Dämpfung (modern). Die Register werden durch acht Pedalzüge ausgelöst." (Eintrag im Riemann-Lexikon 11. Auflage Bd. 2, Berlin: Hesse 1929)

Wegen der zahlreichen instrumentenbaulichen Besonderheiten haben mehrere bedeutende Musikinstrumentenmuseen trotz der "€žrelativen Jugend" dieser Instrumente Cembali von Maendler-Schramm in ihren Beständen. Das Instrument der Sammlung Dohr gehört dabei mit 245 cm Länge zum Typ des großen Konzert-Cembalos. Ein fast identisches Instrument (Unterschied: achteckige Beine) mit #274, datiert März 1932, befindet sich in der Instrumentensammlung des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz Berlin.

Nach der Auswertung von Prospekten der Fa. Maendler-Schramm durch Focht (siehe Literatur) bot Maendler mindestens dreizehn verschiedene Cembalo-Modelle an (als Modell-Bezeichnung diente dabei - einzige Ausnahme bildete das hier beschriebene >Bach-Klavier< - stets die Länge des Instrumentes), ca. sechs Modelle ohne Pedalschaltung [150, 170, 175, 200, 218, 220 cm], ca. drei Modelle mit Pedalschaltung für den Hausgebrauch [175, 190, 200 cm], zudem ca. vier Konzertcembali [240/241, 246, 254, 263 cm]. Fochts Angaben sind leider sehr pauschal und dadurch ungenau, differenziert er doch nicht nach Angebots- bzw. Entstehungsjahr. So ist bekannt, dass Maendler-Schramm ca. 1934 den gusseisernen Rahmen

Voreigentümer: Erwerb über Ebay aus Privatbesitz, Sinzig/Rhein. Eine begonnene Umbekielung auf Delrin wurde im Rahmen der Restaurierung durch J. C. Bamberg im Auftrag der Sammlung Dohr rückgängig gemacht.